30.07.2003 Trierischer Volksfreund
Schwierige Mission im Gülle-Tümpel
Von unserer Mitarbeiterin GABI VOGELSBERG
GEROLSTEIN-BÜSCHEICH. Nach einer halben Stunde war das Problem eingedämmt: Per Notregler verschloss die Feuerwehr den defekten Hochbehälter, aus dem gestern im Gerolsteiner Ortsteil Büscheich 100 000 Liter Gülle ausliefen und den Büttenbach verschmutzten.
Waghalsiges Manöver: Mit einem Seil gesichert, wagt sich ein Feuerwehrmann in den Gülle-Tümpel, um den Strom aus dem defekten Hochbehälter zu stoppen. Foto: Gabi Vogelsberg
Schon am Eingang des Gerolsteiner Ortsteils Büscheich schlägt einem der üble Güllegeruch entgegen. Auf dem großen Bauernhof in Richtung Niedereich herrscht hektische Betriebsamkeit. Nur einer steht abseits, Josef Wunsch, der Senior-Landwirt des Hofes. Tränen stehen dem älteren Mann in den Augen. Immer wieder sagt er leise zu sich: "Hätte ich doch nur besser aufgepasst." Er ist verzweifelt, weil ihm das Missgeschick passierte.
Landwirt fassungslos Eigentlich wollte er Gülle ausfahren, rammte aber beim Zurücksetzen die Pumpstation. Dadurch konnten die Fäkalien unaufhaltsam auslaufen - über die Wiese in den nahen Büttenbach, der nach etwa einem Kilometer in die Kyll mündet.
Vier Feuerwehrautos versperren die Sicht auf den Gülle-Hochbehälter, der maximal 1,5 Millionen Liter fassen kann. Zwei Dutzend Feuerwehrleute machen sich an der demolierten Pumpstation zu schaffen. Feuerwehrmann Dominik Poppe wird angeleint, trägt Schutzkleidung und wagt den Gang in den Gülle-Tümpel. Die Gummihandschuhe reichen kaum aus, so tief muss er in der stinkenden Brühe wühlen. Ein schier unerträglicher Einsatz. Poppe richtet sich immer wieder auf, um Luft zu schnappen. Der Geruch der Fäkalien verschlägt ihm den Atem. Dann endlich: Nach einigen Versuchen schafft er es, den Notregler am Übergang vom Hochbehälter zur Pumpstation zu ziehen. Das Leck ist dicht. Junior-Landwirt Christof Wunsch ist froh ob des gelungenen Einsatzes - und fassungslos zugleich. Kopfschüttelnd wirft er einen Blick in den Hochbehälter und schätzt: "Da sind ungefähr 100 000 Liter raus." Das ist sein einziger Kommentar. Mit verkniffenem Mund macht er sich an die Arbeit und pumpt Gülle aus dem Loch. Die Feuerwehrleute gehen routiniert zur Sache. Es erweist sich als Glück im Unglück, dass sie erst vor einigen Monaten exakt auf diesem Bauernhof eine Übung absolviert haben. Und sie kennen sich mittlerweile mit Gülle-Unfällen aus. Im vergangen Jahr waren sie mit einem ähnlichen Fall konfrontiert. Der Gerolsteiner Wehrführer Karl-Heinz Kunze erklärt: "Gülle vermischt sich sofort, da können wir keine Sperren im Bach aufbauen wie beispielsweise bei Öl, das oben auf dem Wasser schwimmt." Wehrleiter Ernst Krämer freut sich derweil über den anhaltenden Regen: "Der verdünnt die Gülle, und das ist gut." Dennoch werden die Fäkalien auch die Kyll verunreinigen. Welche Folgen für Pflanzen und Tiere der Unfall nach sich zieht, ist noch ungewiss. Erst heute wollen die Experten der Oberen Wasserschutzbehörde bei der Trierer Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) in die Eifel kommen, um Proben zu ziehen.
Trierischer Volksfreund vom 01.08.2003
Behörde: Gestank, aber keine Gefahr
GEROLSTEIN-BÜSCHEICH. (vog) Entwarnung: Durch den Unfall, bei dem vorgestern rund 100 000 Liter Gülle ausgelaufen waren, wurde zwar der Büttenbach vergiftet, in der Kyll wurde aber nur im Mündungsbereich eine minimale Verunreinigung gemessen. Dennoch ordnete das Wasserwirtschaftsamt an, die Gülle aus dem Bach und von der angrenzenden Wiese zu pumpen.
Gestern, einen Tag nach dem Gülleunfall bei Gerolstein, hat ein Mitarbeiter der Wasserwirtschaftsamts der Kyll Wasserproben entnommen. Foto: Gabi Vogelsberg
"Es ist zu gefährlich, dass bei einem Regenschauer weitere Gülle abgespült wird", erklärt Wolfgang Bohr, Werkleiter der Verbandsgemeinde Gerolstein. Daher muss der stinkende Schlamm unverzüglich von den Wiesen geschabt, müssen die von der Feuerwehr gezogenen Rückhaltegräben leer gepumpt werden - so die Order des Wasserwirtschaftsamts. Ein Verbot, Fische aus der Kyll zu essen oder in dem Fluss zu baden, ist nicht erteilt worden.
Der Werkleiter hat zwischenzeitlich ein Spezialunternehmen mit dem Absaugen von Gülleresten aus dem Büttenbach und von den Uferstreifen beauftragt. "Eventuell bauen wir noch eine Sperre im Mündungsbereich zwischen Bach und Kyll", räumt Bohr ein.
Zwar gilt der Büttenbach als ökologisch tot, aber die Kyll blieb weitgehend verschont. Winfried Wagner, Leiter des Wasserwirtschaftsamts, erklärt: "Im Mündungsbereich ist das Wasser leicht belastet, aber nicht Besorgnis erregend." Etwas weiter kyllabwärts steigt zwar noch übler Geruch auf, dennoch liegen dort die Werte im grünen Bereich. Gestern Mittag wurden bei Birresborn Sauerstoffwerte von 9,6 Milligramm pro Liter Wasser mit dem Schnelltester gemessen. "Die kritische Marke liegt bei 4,0. Normalerweise liegen die Werte bei Gewässern wie der Kyll zwischen 8,0 und 10,0", erklärte Erich Jäger, Sachbearbeiter für Grundwasserschutz.
Schnelltests: Alles im grünen Bereich
Fünf Proben wurden gezogen. Die Ergebnisse der Schnelltests waren allesamt unbedenklich.
Ausführliche Laborberichte werden erst in einigen Tagen vorliegen. Ebenso lange dauert auch die Auswertung der Proben, die die Umwelt-Kripo Wittlich vorgestern gezogen hatte. Kriminalhauptkommissar Hans-Werner Kohl leitet die Ermittlungen gegen den Landwirt. Er geht von fahrlässigem Verschulden aus. Zum Unfall war es gekommen, als der Landwirt beim Zurücksetzen mit dem Traktor die Pumpstation des Hochbehälters gerammt hatte. Dadurch konnte die Gülle auslaufen. Gestern Nachmittag machte sich auch Diethelm Schumacher, Fischereibeauftragter des Kreises Daun, gemeinsam mit Mitarbeitern der Kreis- und Verbandsgemeindeverwaltung ein Bild von der Gewässerverunreinigung. Er sieht keine Notwendigkeit, besondere Maßnahmen anzuordnen.
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